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Das Ende vom eigenen Schreibtisch?

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Stadt-Gespräche — Folge 8

In den Stadt-Gesprächen reden wir, vom städtischen Start-up ShiftDigital, mit Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und New Work. In dieser Folge erzählt Thomas Becker, welche Erfahrungen er und sein Team mit Desk Sharing gemacht haben.

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Nina da Costa: Du bist ja Teil des Teams, das für die Bochumer Verwaltung Desk Sharing testet. Wie genau läuft das ab?

Thomas Becker: Wir sind, mit Azubi — wenn wir denn einen haben — acht Personen, die sich aktuell sechs Arbeitsplätze teilen, sodass definitiv immer jemand zu Hause bleiben muss. Wir sind eigentlich der Meinung, es sind noch zu viele Tische. Außerdem ist ja kein Azubi da. Es wird aber auch ein spannendes Thema, den anzuleiten, wenn dann einer da ist. Aber mit sechs Schreibtischen und sieben Leuten, von denen immer jemand zu Hause, krank oder im Urlaub ist, ist es relativ entspannt, alle unterzukriegen. Und zwar ohne den Zwang, von zu Hause aus arbeiten zu müssen.

“Gerade im Hinblick auf die neuen Gebäude muss Desk Sharing für die Verwaltung getestet werden.”

Nina: Wie wurde das denn bei euch eingeführt? Ich gehe mal davon aus, dass der dafür Verantwortliche, Björn Schoppohl, nicht in euer Büro gekommen ist und gesagt hat: “Jetzt wird Desk Sharing gemacht!”

Thomas: Eigentlich… schon (lacht). Björn ist ja Projektleiter für Arbeiten 4.0, und Desk Sharing ist nur ein Bestandteil dieses Projektes. Er wollte das gerne als separates Projekt laufen lassen und hat uns gefragt, ob wir dazu bereit wären, das auszuprobieren. Und wir fanden das ziemlich gut, weil es mal etwas Neues und ein grundsätzlich neuer Ansatz ist. Gerade im Hinblick auf die neuen Gebäude muss Desk Sharing ja für die Verwaltung getestet werden. Es wurde in der Projektlenkungsgruppe entschieden, dass wir es ausprobieren, bis Ende nächsten Jahres der Ostflügel vom Rathaus renoviert ist, und wir dann das Resümee daraus ziehen.

Nina: Und es war niemand dabei, der gesagt hat: “Ich will das nicht”?

Thomas: Es gab einen, der nicht unbedingt von zu Hause arbeiten wollte, weil er für sich entschieden hat, Arbeit vom Privatleben zu trennen. Er hat sich aber nicht dagegen gesträubt. Er macht das Desk Sharing mit und es ist auch schon mal vorgekommen, dass er doch von zu Hause aus gearbeitet hat.

“Die Kommunikation ist bei uns immens gestiegen, was uns als Team und auch in Sachen Arbeitsqualität weiterbringt.”

Nina: Es muss ja immer klar sein, wer zu Hause bleibt und wer ins Büro kommt. Wie läuft da die Absprache?

Thomas: Wir sind sieben Leute in zwei Arbeitsgruppen — einmal vier, einmal drei Leute. Ich arbeite in der Dreiergruppe, und wir machen donnerstags eine Telefonkonferenz und klären, was in der nächsten Woche an Aufgaben ansteht und wer welche Termine hat. Wer sowieso Termine hat, ist im Büro, und wer keine hat, kann zu Hause bleiben. So stimmen wir uns ab und stellen sicher, dass wir genug Tische haben.

Nina: Das heißt, ihr habt eigentlich einmal in der Woche ein Planungsgespräch. Habt ihr solche Besprechungen vorher auch schon gemacht?

Thomas: Nicht auf die Art. Klar, hat man zwischendurch mal darüber gesprochen, was gerade aktuell ist, wo es brennt und wer gegebenenfalls helfen oder unterstützen kann. Aber dass wir so klipp und klar alles nochmal festzurren, war eigentlich nicht der Fall. Es hat jeder so vor sich hin gearbeitet. Die Kommunikation ist, zumindest bei uns in der Arbeitsgruppe, immens gestiegen, was uns als Team und auch in Sachen Arbeitsqualität weiterbringt. Es werden keine Termine vergessen, weil man dadurch, dass man mit den anderen darüber spricht, immer wieder daran erinnert wird.

“Ich habe viele Bereiche erlebt, die sagen: ‘Das könnten wir uns auch vorstellen’.”

Nina: Wie kommt denn euer Desk Sharing Projekt außerhalb eures Teams an?

Thomas: Das entwickelt sich gefühlt ein bisschen zum Selbstläufer: Viele kriegen es mit und sind darauf aufmerksam geworden, sei es durch die Beschäftigtenkonferenz oder dadurch, dass ich mit meinem Tablet durch die Gegend renne. Da wird dann mal nachgefragt. Und ich habe jetzt schon viele Bereiche erlebt, die sagen: “Das könnten wir uns auch vorstellen”.

Nina: Man braucht nur mal einen Ansatzpunkt, an dem es sichtbar wird.

Thomas: Ich glaube auch, dass man einfach darauf aufmerksam machen und den Mut beweisen muss, sich auf neue Dinge einzulassen. Das eigene Büro ist ja auch bisher diese Wohlfühlzone. Mit privaten Bildern auf dem Schreibtisch, mit der eigenen Schreibtischlampe, mit Bildern an der Wand. Das haben wir nicht mehr, aber wir haben dafür andere Freiheiten: dass ich nicht unbedingt an dem Schreibtisch sitzen muss, sondern auch an einem anderen oder von zu Hause aus arbeiten kann. Damit habe ich genug Privatsphäre.

“In anderen Bereichen hieß es: ‘Ich kann doch nichts benutzen, was einem anderen gehört!’”

Nina: Für viele ist es bestimmt nicht leicht, diese Privatsphäre “eigener Schreibtisch” hinter sich zu lassen. Sind dir noch andere Beispiele für solche Hürden begegnet?

Thomas: Die ganze Hysterie mit: “Oh Gott, Bakterien!” Das ist auf jeden Fall ein Thema. “Ich benutze doch nicht die Maus/ die Tastatur/den Telefonhörer von irgendwem anderes.” Da haben wir die Lösung, dass jeder seine eigene Tastatur hat, mit Bluetooth-Anbindung. Ich glaube, diese Angst war bei uns auch nicht so wirklich vorhanden. Aber in anderen Bereichen, in denen ich Desk Sharing angesprochen habe, kam: “Ich kann doch nicht etwas benutzen, was einem anderen gehört!”

Nina: Da muss man wahrscheinlich einfach ausprobieren und herausfinden, wie man sowas am besten löst. Das ist auch etwas, worüber ich überhaupt nicht nachgedacht hätte.

Thomas: Ich bin da auch unempfindlich, weil ich mir denke: Je mehr Bakterien, desto seltener werde ich krank (lacht).

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