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Die Bürger:innen im Fokus

Verwaltung

Stadt-Gespräche - Folge 49

In den Stadt-Gesprächen reden wir, vom städtischen Start-up ShiftDigital, mit Mitarbeiter:innen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und New Work. In dieser Folge sprechen wir mit Yvonne Rowoldt über ihre Arbeit als E-Government-Koordinatorin des Landkreises Nordwestmecklenburg.

Nina da Costa: Herzlich Willkommen, Yvonne! Stell dich doch erstmal vor. 

Yvonne Rowoldt: Mein Name ist Yvonne Rowoldt, ich bin E-Government-Koordinatorin vom Landkreis Nordwestmecklenburg. 

Nina: Wie lange arbeitest du schon für Nordwestmecklenburg? 

Yvonne: Ich weiß es gar nicht genau, 2013 ungefähr. Ich habe hier diverse Energieprojekte mitgemacht und 2017 die Chance ergriffen und diesen sehr interessanten Posten der E-Government-Koordinatorin besetzt. In diesem Rahmen habe ich auch für unser größtes und wichtigstes E-Government-Projekt namens NWM.online die E-Government-Strategie mit aufgebaut, und die monitore ich auch. Dieses Projekt NWM.online gibt uns die Leitschnur und die Aufgaben vor, und es stellt uns auch vor Herausforderungen. Aber wir glauben, dass es uns langsam auf die Ziellinie bringt, sodass wir sagen können, wo es eigentlich hingehen soll. 

Nina: Eure Digitalisierungsstrategie ist also eigentlich das große Dachprojekt. 

Yvonne: Das Projekt selbst haben wir damals über die Förderung vom Land angefangen, und damals ging es wirklich darum, E-Government aufzubauen. Also, was ist das überhaupt, was gehört in so eine Strategie und worum müssen wir uns kümmern? Und da haben wir uns auch Gedanken dazu gemacht, dass man vielleicht die Nutzer:innen mit einbeziehen sollte (lacht). Bürger:innen und Unternehmen haben ja auch etwas zu sagen, da sie die Anträge stellen. Deshalb sollte man das auch für sie zufriedenstellend lösen. Weiterhin ging es darum, das Prozessmanagement aufzubauen. Das ist eine ganz wichtige Komponente: dass man sich nicht nur den Antrag, den Bescheid, oder das Stempeln und Wegschicken anschaut, sondern den kompletten Prozess. Beispielhaft durften wir das am Baugenehmigungsverfahren ausprobieren, und das hat uns auch dazu gebracht, die ganze Infrastruktur anzugucken. Was braucht ein Landkreis heutzutage, um überhaupt E-Government-Services anbieten zu können? 

Nina: Und das sind jetzt die Grundlagen, auf denen ihr eure E-Government-Projekte aufbaut?

Yvonne: Genau. Wir haben diverse Projekte, die für sich selbstständig sind, aber im Großen und Ganzen dafür sorgen sollen, dass wir Dienste digital anbieten und intern verarbeiten können, und dass die Daten wirklich automatisch weitergegeben werden. Auch mit dem Ziel, dass Antragsteller alles online erledigen können. Wir durften mehrere Jahre an diesen Stellschrauben drehen - und dann kam das OZG, was uns noch mehr Antrieb gegeben hat, weil wir dadurch ganz anders argumentieren konnten. Das ist spannend, weil da jetzt viel Druck im Kessel ist. E-Government übersetzt sich bei uns auch immer so: das ist Zusammenarbeit, und der Blick über den Tellerrand. Zu schauen, was beim Bund läuft, Absprachen zu treffen, zu gucken, welche Befindlichkeiten es gibt, ob wir allein auf weiter Flur sind oder andere diese Probleme auch haben, und auch, welche guten Lösungen es schon gibt. Und so haben wir es unter anderem geschafft, dass seit dem 1.1.2021 ein kollaborativer Antrag gestellt werden kann. 

Nina: Zum Beispiel ein Bauantrag, bei dem man den Bauherren hat, einen Architekten... 

Yvonne: Genau. Das war das große Ergebnis aus dem OZG-Labor: es ist ein sehr komplexes Verfahren mit der Notwendigkeit, dass sowohl der Bauherr, als auch der Architekt Entscheidungen treffen kann. Und das haben wir jetzt umgesetzt. 

Nina: Nochmal zurück zu dir. Gibt es im Kontext der Digitalisierung etwas, das dir persönlich schwerfällt? Und wenn ja, hast du einen Lösungsansatz dafür gefunden? 

Yvonne: Immer wieder Leuten erklären zu müssen, warum Digitalisierung wichtig ist. Aber das ist eben notwendig. Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, dass Kommunikation sehr wichtig ist und man die Leute mitnehmen muss. Es nimmt aber unheimlich viel Zeit in Anspruch, den Leuten immer wieder zu erklären, warum wir das machen. Da gibt es natürlich auch ganz viele Bremsklötze. Aber ohne den steten Tropfen... 

Nina: Mich würde noch interessieren, wie du die letzten Monate erlebt hast. Der erste Lockdown, der große Arbeitsaufwand auf Seiten der Verwaltung... 

Yvonne: Schwierig ist es, dass die Arbeitslast sich sehr gestaucht hat - dieses Gefühl, schnell fertig werden zu müssen, weil man ja nicht wusste, wann der nächste Lockdown kommt. Ich habe ständig das Gefühl, dass man vorarbeiten muss. Aber das ist eigentlich gar nicht schaffbar. Ich weiß nicht, ob es anderen genauso geht - vielleicht ist es auch der fehlende Ausgleich; dass man eigentlich nur noch Arbeitslast hat und alles andere weggefallen ist. Wir haben dem Gesundheitsamt zum Beispiel mal schnell eine Datenbank gebaut, mit der sie ihre Fälle verwalten können. Es wird ja oft bemängelt, dass in der Verwaltung nichts möglich wäre, aber aus meiner Perspektive ist das überhaupt nicht so. Ich habe einen unheimlich interessanten Arbeitsplatz, der sich ständig weiterentwickelt und den ich auch selbst mit weiterentwickle. 

Nina: Hast du ein Beispiel?

Yvonne: Am Freitag kam eine Kollegin vom Gesundheitsamt und fragte, ob ich die Excel-Listen verbessern könnte. Wenn viele Leute schnell arbeiten müssen, passieren eben Fehler, und wenn da jemand eine Datei überschreibt... Da kann ich alle 12 Stunden Backup machen, aber was in den 12 Stunden da reingehackt wurde, ist weg! Da war mir die Gefahr zu groß, und dann überlegt man sich, wie das besser geht. Dann haben wir uns mit dem IT-Management beraten, ob wir da nicht etwas Professionelleres hinbekommen, und hatten innerhalb weniger Stunden das Grundkonzept definiert und in einer Woche zum Laufen gebracht. 

Nina: So wie ich das bisher mitbekommen habe, ist es durchaus eine Seltenheit, dass die IT die Kapazitäten hat, um selbst solche Dinge selbst auf die Beine zu stellen.

Yvonne: Wir haben keine eigenen IT-Leute mehr, sondern das an einen relativ großen Dienstleister ausgelagert. Da kann man natürlich auch Last erzeugen und sagen "Baut uns mal eine Datenbank mit folgenden Anforderungen...". Wenn du nur zehn oder zwölf Personen hast, die gemeinsam das IT-System betreuen, kriegst du das nicht unbedingt hin, weil die ja mit der normalen Arbeit ausgelastet sind. 

Nina: Ich habe noch ein kleines Gedankenexperiment für dich: Eine gute Fee gibt dir einen Wunsch frei, den du aber nur dafür einsetzen kannst, die Verwaltung so zu gestalten kannst, wie du sie gerne hättest. Was würdest du dir wünschen? 

Yvonne: Vielleicht würde ich mich einfach nur zehn Jahre nach vorne beamen wollen. 

Nina (lacht): Wenn der Wandel nicht nur angestoßen, sondern ordentlich fortgeschritten ist? 

Yvonne (lacht): Ja! Und dann so viel wie möglich an Wissen mitnehmen, um hier die zehn Jahre wieder aufzuholen.

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