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Mit Digitalisierung gegen den Personalmangel

Stadt-Gespräche - Folge 4

In den neuen Stadt-Gesprächen reden wir, vom städtischen Start-Up ShiftDigital, mit Menschen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und neues Arbeiten. In dieser Folge sprechen wir mit Björn Schoppohl darüber, wie man Digitalisierung einsetzen kann, um Arbeitsressourcen freizuschalten und so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Nina da Costa: Was war in deiner Zeit bei der Stadt das überraschendste Erlebnis für dich?

Björn Schoppohl: Was mich begeistert hat, ist, dass es bei der Stadt zum Beispiel Standard ist, höhenverstellbare Schreibtische zu haben. Das hat sich einfach irgendwann etabliert, aber es war am Anfang ein riesen Kampf. Als ich dort angefangen habe, hat man noch auf abgeranzten, alten Holzstühlen gearbeitet und an uralten Schreibtischen, wo schon Generationen vorher dran gesessen haben. Das ist definitiv etwas, das ich in Bochum spektakulär finde. Und auch, dass ich in einem Bereich gestartet bin, in dem ich im Zuge der Digitalisierung die Möglichkeit hatte, Sachen anzuschieben. Dass man da aufgrund seiner eigenen Motivation auch Sachen verändern konnte. Und die Möglichkeit besteht immer noch.

“Change bedeutet, Leute an die Hand zu nehmen.”

Nina: Was sind die drei größten Herausforderungen, mit denen die Verwaltung gerade zu kämpfen hat?

Björn: Eine riesengroße Herausforderung ist die Personalgewinnung. Das wird immer schwieriger, weil Städte — wie alle großen Konzerne — Strukturen haben, die nicht so schnell und auch nicht so innovativ sind. Die Digitalisierung ist eine riesen Herausforderung, weil im Behördenumfeld viele Sachen nicht so gedacht werden, wie das nötig wäre. Da wird in den alten Strukturen weitergemacht, weil Menschen dahinterstehen, die das “schon immer so gemacht” haben. Und dann der Change. Alles, was wir im Zuge von Digitalisierung tun, hat ganz viel mit Veränderung zu tun. Und ich glaube, es ist bei ganz vielen Menschen noch nicht angekommen, dass Change bedeutet, die Leute an die Hand zu nehmen, ihnen die Ängste zu nehmen.

“Das machen Bedenkenträger: am Anfang schon die ganzen Probleme beschreiben, die vielleicht nie auftauchen werden.”

Nina: Sowas ist ja auch ein Zeit-intensiver Prozess.

Björn: Ja, und es ist ein Prozess, den man sehr lange viel zu wenig bedacht hat. Und jetzt geht es ja noch viel schneller mit Veränderung, sodass man auf einmal eine E-Akte bedienen soll, obwohl man es eigentlich toll findet, jede E-Mail auszudrucken und in einen Ordner zu heften. Und ich glaube auch, dass man, wie immer bei Innovation, auf die zwei entscheidenden “B’s” trifft: Befindlichkeiten und Bedenkenträger. Und daran scheitern einige Dinge. Also, Befindlichkeit — jemand sagt: “Ich gehe sowieso in zehn Jahren in Rente” oder “was ist mit meiner Stelle”? Und dass man am Anfang schon die ganzen Probleme beschreibt, die vielleicht niemals auftauchen werden — das meine ich mit Bedenkenträgern: Sachen schon im Keim zu ersticken und Innovation schwierig zu machen.

Nina: Das heißt, du hast schon Lösungen für die Themen Digitalisierung und Change, nämlich Leute mitnehmen, Zeit investieren. Ich würde dich aber jetzt bitten, auch noch schnell den Personalmangel für uns zu lösen.

Björn (lacht): Ganz viel kann man lösen, indem man besser bezahlt. Oder man muss sonstige Vorteile herauskehren, wie viele Unternehmen das machen: gute Hardware-Ausstattung bieten, Möglichkeiten für individuelles Arbeiten, oder Weiterbildung. Weiterbildung wäre im Zuge der Digitalisierung auch ein ganz wichtiger Punkt, um den Leuten die Angst zu nehmen.

“Ein Verschlanken wäre ein einfacher Weg, um Arbeit einzusparen und an anderer Stelle sinnvoller zu nutzen.”

Nina: Und davon profitiert ja auch der Arbeitgeber.

Björn: Ich glaube außerdem auch, dass Digitalisierung ein sehr guter Ansatz ist, um Personalmangel zu lösen, weil darüber viele Prozesse verschlankt werden können. Im Moment ist es ja nicht so, dass wir zu viele Menschen auf dem Arbeitsmarkt hätten und die unbedingt unterkriegen müssten. Im Gegenteil: Wir kriegen oftmals Stellen nicht besetzt. Deshalb wäre ein Verschlanken von Prozessen ein einfacher Weg, um viel Arbeit einzusparen und an anderen Stellen sinnvoller zu nutzen.

“Man könnte sich um wichtige Dinge kümmern, anstatt Haken an Papierrechnungen zu machen.”

Nina: Hast du ein Beispiel?

Björn: Zum Beispiel wenn man sich anguckt, wie Reisekostenabrechnungen gemacht werden: man füllt Zettel aus, die unterschrieben werden, heftet die Belege dran. Es wird geprüft, und dann macht jemand einen Haken dran und überweist dir das Geld. Gleichzeitig ist inzwischen das Finanzamt in Deutschland so weit, dass es keine Belege mehr haben will. Da fragt man sich, ob man dann nicht auch lieber sagt: Ich glaube den Leuten. Die müssen das aufbewahren, und wenn sie gelogen haben, könnte eine Prüfung kommen. Damit wäre direkt Arbeitsaufwand weg, es würde alles viel schneller, einfacher und effizienter gehen. Und jemand könnte sich um wichtige Dinge kümmern, anstatt Haken an Papierrechnungen zu machen. Ich glaube, da können wir bei einer Kommune ganz viele Prozesse identifizieren.

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